Bericht vom vierten Prozesstag

In der vierten Fortsetzung des Sammelprozess gegen Antifaschisten aus der Region Schaumburg kam es direkt zu Beginn des heutigen Verhandlungstags zur Einstellung des Verfahrens gegen 2 der Angeklagten, da sie aufgrund der Aussage eines der Zeugen beim letzten Verhandlungstag entlastet wurden.
Dieser Zeuge konnte sich zuletzt am Donnerstag an einige seiner Aussagen, die er vor gut 2 Jahren bei der Polizei gemacht haben soll, nicht mehr erinnern und gab dann schlussendlich zu, dass er damals sogar bewusst gelogen habe und damit unter anderem diese beiden Angeklagten belastet habe.

Dementsprechend ging die Hauptverhandlung heute nur noch mit 4 Angeklagten weiter – einer der Anwälte, der aus dem Prozess ausgeschiedenen Angeklagten übernahm dann zusätzlich zum ersten Anwalt die Wahlverteidigung eines dieser 4 noch angeklagten.
Im Verlauf des Verhandlungstages wurden 3 weitere Zeug*innen gehört, der erste Zeuge Teichmann konnte einige Fragen zum räumlichen Geschehen erklären und wurde insgesamt sehr lange befragt, auch wenn nicht alle Fragen zur Zufriedenheit der Verteidigung beantwortet wurden. Zum Beispiel der Hintergrund eines ins Krankenhaus gebrachten und dort diesem Zeugen gezeigten Beweisstücks in Form einer Bratpfanne.
Die Aussagen des zweiten Zeugen Hühn haben weder zur Aufklärung des Falls beigetragen noch war danach abzusehen, was nun seiner Ansicht nach bei dem Vorfall im Juni 2013 wirklich passiert war oder ob seine Aussage heute im Gericht oder damals kurz nach dem Vorfall bei der Polizei den tatsächlichen Tatsachen entsprach. Schlussendlich wurde auch hier eine abgesprochene Aussage zumindest bei der Vernehmung bei der Polizei 2013 schon nach der Befragung durch die Kammer eingeräumt und nach einem Rechtsgespräch zur weiteren Vorgehensweise wurde entschieden, dass der Zeuge Hühn zumindest am heutigen Tag nicht weiter befragt würde.

Nun folge die Zeugenaussage von Frau Vaupel, die sich zusammenhängend zum Vorfall äußerte. Auch hier waren ein paar Unstimmigkeiten zu den vorherigen Aussagen nicht übersehbar, aber alles in allem konnte mit dieser Aussage schon nach der Befragung durch die Kammer das meiste geklärt werden. Es zeigte sich aber durch eine eingebrachte Akte aus einem anderen Fall mit einer Aussage von Frau Vaupel, dass es auch bezüglich dieser Aussagen einige Widersprüche zu finden gibt, so dass nach einem Hinweis durch die Anwält*innen auf eine Unterbrechung hingewirkt wurde. Nach dieser Unterbrechung wurde bekannt gegeben, dass aufgrund der bisherigen Aussagen und der Aktenlage das Verfahren gegen weitere 3 der 6 Angeklagten eingestellt werden kann. Alle 5 Einstellungen am heutigen Tag erfolgten mit kompletter Kostenübernahme durch die Staatskasse, was zwar juristisch einem Freispruch nicht ganz gleichzusetzen ist, aber durchaus in diese Richtung gewertet werden kann.
Damit bleibt jetzt aus dem ersten Sammelverfahren gegen 6 Antifaschisten aus der Region Schaumburg noch ein Angeklagter übrig. Unsere Unterstützung gilt ihm und seiner Verteidigung weiter, so wie bisher allen 6 Angeklagten.

Der Prozess ist damit keineswegs beendet oder uninteressant. In den letzten Prozesstagen kam es nicht nur zur Aufdeckung einiger Falschaussagen und Unstimmigkeiten unter den Nazizeug*innen, sondern es wurde auch ziemlich deutlich, dass die Polizei bei der ursprünglich angeblich so klaren Aktenlage dieses Prozess eine sehr entscheidende Rolle spielte, so dass dieser Prozess aus Sicht der Staatsanwaltschaft bis jetzt schon maßgeblich an die Wand gefahren wurde. So hatte der Zeuge Steinke letzte Woche ausgesagt, dass er mindestens 2 Mal versucht hatte seine Falschaussage rückgängig zu machen und bei den Aussagen am heutigen Prozesstag zeigten sich weitere Unstimmigkeiten, die auf das Verhalten der Polizei zurückzuführen waren. So scheinen sogar einige Akten nicht ganz vollständig zu sein und es wird sich bei den nächsten Prozesstagen zeigen, ob sich dies bei diesem Prozess noch aufklären lässt. Entsprechende Anmerkungen und ggf. Anträge dazu wurden von der Verteidigung eingebracht und es werden auch noch Polizist*innen an den nächsten Verhandlungstagen aussagen müssen.
Es bleibt also weiter spannend.

Wir sagen deswegen: Zeigt Euch solidarisch mit dem noch angeklagten Genossen in Bückeburg und begleitet die Prozesse weiterhin so zahlreich wie bisher.
Nächster Prozesstag: Donnerstag 26. November 9:00 Uhr – Kundgebung vor dem Gericht ab 8:00 Uhr

Betroffen ist eine*r – gemeint sind wir alle!

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